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Radprofi Lang "Der Dreck muss weg von den Straßen"

Der deutsche Radprofi Sebastian Lang hatte besonders unter Dopingsünder Riccardo Riccò zu leiden. Auf einer schweren Bergetappe führte er, bis ihn der Italiener mit irrsinnigem Antritt überholte. Vor dem Start am Freitag erzählte Lang, wie er diesen Moment erlebte.

Frage: Am Ende dieser Etappe hoch nach Bagnères-de-Bigorre standen Sie im Ziel und haben die Hände im Gesicht vergraben. Waren Sie nur müde oder auch frustriert wegen Riccò?

Lang: Ich war vor allem wahnsinnig müde. Es war einer der Tage in meinem Leben, an dem ich so müde war wie fast noch nie.

Frage: Beschreiben Sie doch noch einmal die Situation.

Lang: Wir waren eine kleine Ausreißergruppe von drei Leuten und hatten eigentlich keine Chance zu überleben. Dann bin ich alleine weggefahren, weil ich dachte, ich hätte genug Kraft um durchzukommen. Es hat aber nur bis zum letzten Anstieg am Col d'Aspin gereicht.

Frage: Dann kam Riccò ...

Lang: Ich war ein bisschen geschockt, dass er so schnell da angerast kam und mich einfach stehengelassen hat. Ich hab den vielleicht für drei Sekunden gesehen, und dann war er wieder weg. Ich weiß nicht mal mehr, an welcher Stelle das genau passiert ist, weil es so unglaublich war.

Frage: Hatten Sie in diesem Moment schon das Gefühl, dass da was nicht stimmt?

Lang: Ich hatte in dem Augenblick keine Kraft mehr, um überhaupt über irgendwas nachzudenken.

Frage: Und später?

Lang: Man macht sich seine Gedanken.

Frage: Hätten Sie die Etappe sonst gewonnen?

Lang: Nein, das glaube ich nicht. Ich war nur eine gute Minute vorn, und hinter mir kam eine ziemlich große Gruppe angefahren. Ich hatte in dem Moment auch keine Reserven mehr und keine Energie, ich glaube nicht, dass ich den Vorsprung die letzten 20 Kilometer bis zum Ziel gehalten hätte.

Frage: Was haben Sie gestern gedacht, als Sie von Riccòs positivem Dopingtest gehört haben?

Lang: Ich habe gedacht, super, jetzt bekomme ich endlich das Bergtrikot, und ich bekomme es, weil das System funktioniert.

Frage: Waren Sie nicht wütend, weil Sie das Trikot eigentlich schon am Sonntag hätten bekommen müssen?

Lang: Nein, ich war an dem Tag so froh über meine Leistung, ich war so begeistert, wie die Etappe gelaufen war, ich war richtig stolz, den Leuten zu zeigen, dass ich nicht nur ein dummer Zeitfahrer bin. Ich bin auch nicht der Typ, der da lange nachtrauert.

Frage: Können Sie Ihre Gefühle beschreiben, als sie von Riccòs Rauswurf erfahren haben?

Lang: Ich habe keine Gefühle zu Riccò. Überhaupt keine.

Frage: Haben Sie Riccò eigentlich vorher schon misstraut?

Lang: Ich kenne den ja nicht mal persönlich.

Frage: Es war aber schon länger bekannt, dass er ungewöhnliche Testosteron- und Hämatokritwerte hatte.

Lang: Ja, aber wenn ich mir jetzt Gedanken mache über jeden ausländischen Fahrer, was der gemacht haben könnte und was nicht, dann … - nee, das führt zu nichts. Ich konzentriere mich auf das, was ich mache, auf meine Person.

Epo und Epo-Doping

Frage: Wie frustriert sind Sie, gegen Leute wie Riccò anzutreten? Sie haben sich schon oft explizit gegen Doping ausgesprochen.

Lang: Ich bin sehr froh, dass er weg ist und dass die Kontrollen funktionieren. Es ist so, wie Tourdirektor Christian Prudhomme gesagt hat: dass der Dreck und der Abschaum weggeräumt werden muss von den Straßen.

Frage: Denken Sie, dass Sie bei der Tour de France in einem fairen Wettbewerb antreten?

Lang: Er wird auf jeden Fall fairer gestaltet als früher.

Frage: Jetzt tragen Sie das Bergtrikot. Ist das nicht ungewöhnlich für einen Zeitfahrspezialisten?

Lang: Es wird zwar immer wieder behauptet, aber ich bin gar kein Zeitfahrspezialist. Vor zwei Jahren habe ich das Bergtrikot bei der Deutschlandtour getragen. Ich kann auch Etappen gewinnen und bin ein Fahrer für die Eintagesklassiker.

Frage: Verteidigen Sie das Bergtrikot jetzt bis nach Paris?

Lang: Nie im Leben!

Aufgezeichnet von Jörg Schallenberg

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