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Sport Johan Bruyneel

"Boonens Kokain-Fall hat mit Doping nichts zu tun"

Nimmt Tom Boonen in Schutz: Astana-Chef Johan Bruyneel Nimmt Tom Boonen in Schutz: Astana-Chef Johan Bruyneel
Nimmt Tom Boonen in Schutz: Astana-Chef Johan Bruyneel
Quelle: EFE
Ex-Radprofi Johan Bruyneel ist Generalmanager des kasachischen Astana-Teams, das mit Doping zahlreiche Schlagzeilen schrieb und bei dem auch Andreas Klöden unter Vertrag steht. WELT ONLINE sprach mit dem Vater des Erfolgs von Lance Armstrong über ungeladene Gäste, den Kokain-Fall Boonen und Alberto Contador.

WELT ONLINE: Herr Bruyneel, Ihr Astana-Team bekam kurz vor dem Start des Giro d’Italia im Mai doch noch eine Einladung. Denken Sie, die Amaury Sport Organisation (ASO) wird nun ihre Entscheidung ändern, Astana nicht zur Tour de France diesen Juli zuzulassen?

Johan Bruyneel: Nein.

WELT ONLINE: Warum klagen Sie dann nicht vor dem Internationalen Sportgerichtshof in Lausanne?

Bruyneel: Ich gehe nicht gern zu einer Party, zu der ich nicht geladen bin. Die ASO leugnet es, aber ich denke, die Entscheidung wurde auch gegen mich getroffen.

WELT ONLINE: Warum denken Sie das?

Bruyneel: Wenn man, wie ich mit Lance Armstrong, die Tour de France mit großem Vorsprung gewinnt, ist man gleich verdächtig und unbeliebt in Frankreich. Schauen Sie mal Jacques Anquetil und Raymond Poulidor an: Beide sind Franzosen, aber Anquetil – der fünfmal die Tour gewann – wird gehasst, und Poulidor – dreimal Zweiter – ist sehr populär. Und Toursieger Laurent Fignon wurde erst dann beliebt, als er mit nur acht Sekunden hinter Greg Lemond in Paris ankam. Vielleicht ist es deswegen schon gut, dass wir mal ein Jahr nicht dabei sind. Ich war gerade bei der Dauphiné-Rundfahrt, da war die Atmosphäre rund um uns bedeutend weniger feindlich als vorher.

WELT ONLINE: Finden Sie es richtig, dass das T-Mobile-Nachfolgerteam High Road – ab jetzt Team Columbia – an der Tour teilnehmen darf?

Bruyneel: Astana, Rabobank, Cofidis, Saunier Duval und High Road hatten 2007 Probleme. Bei High Road gab es den Fall Sinkewitz, aber er wurde schon vor Tourstart positiv getestet. Astana wurde mit meinem Kommen völlig geändert, aber trotzdem dürfen wir nicht mitmachen. Sicher, die ASO sagt, Astana hätte auch 2006 Probleme gehabt. Aber das ist Quatsch! Der Sponsor Astana hat damals das Liberty-Team vor dem Aus gerettet, selber aber nichts falsch gemacht. Dass man eine Entscheidung so rechtfertigt, stört mich sehr.

WELT ONLINE: Es war gerade eine Zeit lang ausnahmsweise relativ ruhig im Radsport, aber nun gibt es die Kokainaffäre um Tom Boonen. Was soll das Publikum davon halten?

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Bruyneel: Der Fall hat nichts mit Doping zu tun. Boonen nahm Kokain in seiner Freizeit, und darüber habe ich kein Urteil zu fällen, so wie ich auch nicht urteilen würde, wenn er eine neue Freundin hätte oder betrunken auf einer Party erschiene. Gleichwohl die Situation ist nicht ideal. Er ist eine öffentliche Figur, und alles wird derzeit im Radsport unter die Lupe genommen. Boonen hat aber doch niemanden ermordet, und daher ist es gut, dass der Sponsor ihn weiter unterstützt.

WELT ONLINE: Aber Boonen darf dieses Jahr nicht an der Tour de France teilnehmen.

Bruyneel: Kann jemand mir erklären, warum Stefan Schumacher (Team Gerolsteiner – d.R.) teilnehmen darf? Der hat noch mehr Fehler verübt. Er verursachte einen Verkehrsunfall unter Alkoholeinfluss und hatte Amphetamine im Blut. Ist das eine konsequente Entscheidung der ASO? Übrigens sollte es weder einen „Fall Boonen“ noch einen „Fall Schumacher“ geben. Was sie in ihrer Freizeit machen, ist ihre Sache.

WELT ONLINE: Alberto Contador hat jetzt die Tour und den Giro gewonnen. Ist er Armstrongs Nachfolger?

Bruyneel: Er ist schon sehr stark. Aber mit größerer Ausdauer und mehr Erfahrung wird er ein noch besserer Rundfahrer sein. Außerdem kann er sein Zeitfahren verbessern, wenngleich er nicht ein Spezialist werden sollte, da er dann im Hochgebirge an Explosivität verliert. Übrigens dürfte er auch nicht zu stark werden – sonst bekommen wir dieselben Probleme wie damals mit Armstrong (lächelt).

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