Interview mit dem Sportchef von Bora – hansgrohe

Poitschke: “Buchmann ist richtig stark geworden“

Von Manfred Hönel

Foto zu dem Text " Poitschke: “Buchmann ist richtig stark geworden“"
Bora-hansgrohe-Sportdirektor Enrico Poitschke | Foto: Cor Vos

02.06.2020  |  (rsn) - Ab 12. Juni treten die Radprofis vom Team Bora - hansgrohe im Tiroler Ötztal nach langer Corona-Pause bei einem Trainingslager wieder gemeinsam in die Pedale. Wie sich das derzeit erfolgreichste deutsche Profi-Team auf die verschobene Saison vorbereitet, darüber sprachen wir mit Enrico Poitschke, dem Sportchef der Raublinger.

Ihr Manager Ralph Denk formierte zu Saisonbeginn eine starke Mannschaft. Blieb das Team auch in den vergangenen schweren Krisen-Wochen ohne Rennen motiviert?

Poitschke: Wir waren alle in ständiger Verbindung. Herr Denk und wir sportlichen Leiter haben die Sportler nicht allein gelassen, obwohl wir alle räumlich getrennt leben. Es ist natürlich schwer für den Radsport, wenn überhaupt keine Rennen veranstaltet werden und die Sponsoren sich dadurch nicht präsentieren können. Vielleicht lässt sich im Herbst noch etwas herausholen. Die Fahrer, wir Sportlichen Leiter und alle Helfer brennen jedenfalls auf den Neustart.

Die Saison, wenn sie denn wie geplant abgewickelt werden kann, ist auf drei Monate zusammengeschoben worden, trotzdem sollen Welt- und Europameisterschaften sowie die drei Grand-Tours Giro d’ Italia, Tour de France und Spanien-Rundfahrt ausgetragen werden. Kann Bora - hansgrohe ein solches Programm überhaupt bewältigen?

Poitschke: Wir haben 27 Rennfahrer im Team unter Vertrag. Ich denke schon, dass wir die großen Rundfahrten, die Weltmeisterschaften und auch die Klassiker besetzen werden. Wir können nur nicht überall mit unseren absoluten Topteams antreten.

Auf welche Rennen legt Teamchef Denk besonderen Wert?

Poitschke: Gleich zum Auftakt ist für uns die Polen-Rundfahrt wichtig, weil mit Rafal Majka, Maciej Bodnar und Pawel Poljanski drei Polen zu unserer Mannschaft gehören, die sich bei der Tour in ihrer Heimat durchaus Chancen ausrechnen. Wie für die meisten Mannschaften liegt unser Haupt-Augenmerk aber auf der Tour de France. Wahrscheinlich fährt Emanuel Buchmann dort als Kapitän. Er hat im vorigen Jahr als Vierter nur knapp das Podest verpasst. Emu ist richtig stark geworden, was er vorigen Freitag erneut bewies, als er in 7:28 Stunden 8848 Höhenmeter bewältigte. Im September steht er vielleicht auf dem Podest. Peter Sagan wollen wir helfen, zum achten Mal das Grüne Trikot des besten Sprinters zu erobern. Mit Pascal Ackermann haben wir zudem einen Sprinter im Team, der bei Etappensprints bei GrandTours mitmischen kann.

Spielt der Berliner Maximilian Schachmann, der im März mit Paris-Nizza das bisher einzige wichtige Etappenrennen des Jahres gewonnen hat, keine Rolle für die Tour?

Poitschke: Max hat in der Schweiz gut trainiert. Selbstverständlich kämpft er auch um einen Platz im Tour-Team. Er wird aber außerdem Chancen erhalten, bei anderen Rennen als Kapitän anzutreten. Er ist ein ganz wichtiger Mann in unserem Team und wird sicher noch einige Rennen gewinnen. Von ihm werden wir genauso noch hören wie von Buchmann oder Ackermann.

Die letzten Etappen der Spanien-Rundfahrt sind für November geplant, ist da nicht zu befürchten, dass die Saison im Schneegestöber endet?

Poitschke: Bei manchen Etappen mussten wir auch im Mai noch mit Handschuhen und dicken Klamotten fahren. Im Hochgebirge ist es auch im Sommer nicht gerade gemütlich und im Schnee bin ich dort auch schon gefahren. Ich denke in Spanien, wenn es nicht gerade in die Pyrenäen geht, dürften die letzten Etappen der Vuelta machbar sein. Außerdem geht es durch Corona in diesem Jahr nicht anders. Die Gesundheit ging vor. Da gibt es kein Jammern.

Der deutsche Tour-Rekordler Jens Voigt (17 Teilnahmen) denkt, die Tour wird diesmal langsamer, weil sich die Profis nicht bei kleineren Rennen einrollen konnten. Hat er Recht?

Poitschke: Ich denke nicht, dass die Tour langsamer gefahren wird. Die Trainingsmethoden haben sich in den letzten Jahren enorm verbessert, dazu hat die Betreuung der Athleten merklich an Qualität gewonnen. Außerdem wird auch das Material immer besser.

Seit wann arbeiten Sie als Sportlicher Leiter bei Bora - hansgrohe?

Poitschke: Manager Ralph Denk bot mir die Chance nach meiner aktiven Laufbahn beim Team NetApp als sportlicher Leiter einzusteigen. Seit dieser Zeit gehöre ich zu dem bayrischen Team, auch wenn die Namen wechselten. Seit 2017 firmieren wir als Bora-hansgrohe-Mannschaft. Es ist das große Verdienst von Ralph Denk, dass wir es in nur sechs Jahren von der kleinen Raublinger Mannschaft bis zum World-Tour-Team geschafft haben.

Sie traten als Amateur für Gera und als Profi später für die Teams Milram und Wiesenhof an und haben unter anderem sechs Etappen der Friedensfahrt und "Rund um die Hainleite" in Thüringen und den Cocacola-Preis gewonnen, treffen Sie sich noch mit alten Kollegen?

Poitschke: Persönlich treffe ich alte Kollegen eher selten. Mit Steffen Radochla und Andre Schulze fuhr ich bei Wiesenhof im Team. Andre und Steffen Radochla sind wie ich Sportliche Leiter bei Bora - hansgrohe. Wir wohnen alle drei in Leipzig und treffen uns dadurch öfter. Wir sind sozusagen ein sächsischer Hot Spot für Bayern. Andre ist übrigens wie ich in Görlitz geboren und hat wie ich in der Lausitz beim Radsportverein Niesky mit dem Radsport begonnen. Das verbindet. In Leipzig betreiben Andre und ich gemeinsam ein Sportgeschäft.

Italien und Spanien dürfen mehrere Rennen veranstalten. Deutschland mit weit weniger Corona-Fällen geht wahrscheinlich leer aus. Die Deutschland-Tour und die Meisterschaften wurden bereits abgesagt. Worauf führen Sie diese Entscheidungen der UCI zurück?

Poitschke: Die Behörden in Deutschland haben bis zum August den Sport im Wesentlichen eingeschränkt. Das müssen wir akzeptieren, denn die Gesundheit steht über allem. Ich hoffe, wir holen im nächsten Jahr alles nach. Ich hoffe allerdings, dass unsere Klassiker Eschborn-Frankfurt und Hamburg noch ausgeschrieben werden.

Weitere Radsportnachrichten

05.05.2024Eine erste Chance für die Sprinter

(rsn / ProCycling) – Nachdem sie sich zwei Tage lang "aufwärmen" konnten, ist es nun für die schnellen Männer des Pelotons Zeit, ihren Job zu verrichten. Bevor sie jedoch ihren ultimativen Zielsp

05.05.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morgen

05.05.2024Pogacar auf den Spuren Pantanis

(rsn) - 1999 hatte Marco Pantani am Fuße des Anstiegs zur Kapelle nach Oropa einen Defekt. Die Kette fiel ihm herunter. Es dauerte, bis ein Materialwagen bei ihm war. Fahrer um Fahrer zog derweil an

05.05.2024Nur ein Defekt bremste Martinez hinauf nach Oropa

(rsn) – Gut fünf Kilometer vor dem Ziel der 2. Etappe am Santuario di Oropa gab es Grund zur Beunruhigung beim Team Bora – hansgrohe. Am Ende des Tages aber sah man nichts als strahlende Gesichte

05.05.2024Martinez: “Das Resultat ist großartig für unsere Moral“

(rsn) – Mit einem Tag “Verspätung“ hat Tadej Pogacar am Sonntag bei der ersten Bergankunft den erwarteten Etappensieg am Auftaktwochenende des 107. Giro d’Italia eingefahren. Am Santuario di

05.05.2024Highlight-Video der 2. Etappe des Giro d´Italia

(rsn) – Zum Auftakt des 107. Giro d’Italia (2.UWT) musste sich Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) noch mit Rang drei begnügen. An der ersten Bergankunft jedoch gab es für den Top-Favoriten kein H

05.05.2024Pogacar stürmt in Oropa trotz Sturz ins Rosa Trikot

(rsn) – Marco Pantani triumphierte 1999 an der Wallfahrtskirche Santuario di Oropa dank einer historischen Aufholjagd, nachdem er am Fuße des Anstiegs durch einen Defekt gestoppt worden war. 25 Jah

05.05.2024De Lie in der Bretagne auch durch zwei Plattfüße nicht zu stoppen

(rsn) – Nach Platz zwei im Vorjahr hat sich Arnaud De Lie (Lotto – Dstny) die 41. Ausgabe von Tro Bro Léon (1.Pro) gesichert. Der 22-jährige Belgier entschied in der Bretagne das über 203,6 Kil

05.05.2024Vollering nutzt Rückenwind-Passage zum Vuelta-Triumph

(rsn) – Mit einem weiteren überragenden Auftritt hat Demi Vollering (SD Worx – Protime) die 10. Vuelta Femenina (2.UWT) souverän für sich entschieden. Die 27-jährige Niederländerin schüttelt

05.05.2024Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 2. Etappe

(rsn) - 176 Profis aus 22 Teams sind am 4. Mai zum 107. Giro d’Italia (2.UWT) angetreten, darunter auch zwölf Deutsche, vier Österreicher, zwei Schweizer und ein Luxemburger. Hier listen wir a

05.05.2024Pogacar: ”Die Post wird abgehen”

(rsn) – Der Auftakt zum 107. Giro d’Italia ist atypisch. Einen Tag nach der schweren 1. Etappe, auf der bereits einige Favoriten Federn gelassen haben, steht bereits die erste Bergankunft auf dem

05.05.2024Narvaez sorgt für die nächsten rosa Träume in Ecuador

(rsn) – Fünf Jahre ist es her, dass Richard Carapaz das Radsportland Ecuador mit seinem sensationellen Gesamtsieg beim Giro d´Italia in Rosa gehüllt hat. Nun feiern die Nachbarn der Kolumbianer i

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d´Italia (2.UWT, ITA)