So funktioniert das Team Lotto - Kern Haus / Teil 1

Monreal: “Die Anmeldung war eine Nacht- und Nebelaktion“

Von Christoph Adamietz

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2014, im ersten Jahr des Teambestehens hieß die Mannschaft von Florian Monreal noch Team Kuota | Foto: Team Lotto - Kern Haus

08.04.2020  |  (rsn) - Seit 2014 ist Florian Monreal Teamchef des Koblenzer Rennstalls Lotto - Kern Haus. In einem vierteiligen Interview mit radsport-news.com spricht Monreal darüber, wie man ein Kontinental-Team führt. Im ersten Teil blickt er auf die Gründung seines Teams zurück und berichtet über das Anmeldeprozedere sowie die anfallenden Kosten.

Herr Monreal, wie kamen Sie auf die Idee, ein Team zu gründen und zu leiten? Monreal: Schon in den Jahren 2010/2011 hatte ich diese Idee im Hinterkopf, damals zusammen mit Björn Glasner. Aber wir haben damals nicht genügend Sponsoren gefunden. Allerdings hatte ich mir dadurch schon ein kleines Netzwerk und einen kleinen Sponsorenpool geschaffen sowie ein Gespür für Verhandlungen entwickelt. Zur Saison 2013 hatte das Team Quantec – Indeland, für das ich damals fuhr, finanzielle Probleme. Ich hatte zu der Zeit schon bei Lotto RLP gearbeitet und wollte das Team retten, was dann auch mit einem Unterstützungskonstrukt um Lotto gelungen ist. Da hieß es schon: Mach doch in Rheinland-Pfalz ein Team für 2014. Ich war damals 26 Jahre. Erst war die Idee, das Team mit Markus Ganser, dem damaligen Teamchef von Quantec – Indeland fortzuführen, aber das hatte sich zerschlagen, da wir nicht die gleichen Vorstellungen über einen künftigen Rennstall hatten. Daraufhin habe ich das Projekt völlig blauäugig allein in Angriff genommen.

Vom wem haben Sie sich schon als aktiver Fahrer etwas abschauen können?
Monreal: Ich habe mich, ehrlich gesagt, vor allem an den großen Teams und deren Auftreten orientiert. Mir war wichtig, dass die Autos immer poliert sind, dass die Fahrer alle die gleiche Kleidung tragen, auch außerhalb des Rennens. Insgesamt war mir ein sehr professionelles Auftreten schon immer sehr wichtig. Und da habe ich die größte Inspiration bei den Profiteams gefunden.

Wann stand der Entschluss zum eigenen Team fest? Gab es einen Moment, in dem Sie sagten: Jetzt mache ich das?
Monreal: Das war im November 2013 als ich etwa 90 Prozent des Budgets beisammen hatte. Da fiel der Entschluss, dass ich das Projekt alleine angehe. Meine Eltern haben die Hände überm Kopf zusammengeschlagen. Aber wir sind alle mit den Aufgaben gewachsen.

Wie viele Wochen sind von der konkreten Idee bis zur Anmeldung des Teams vergangen?
Monreal: Zwischen der Idee und der Anmeldung des Teams lag nicht viel Zeit. Das war alles sehr spontan. Am Tag vor der eigentlichen Deadline für die Anmeldung habe ich mich beim BDR (Bund Deutscher Radfahrer) gemeldet und dann zum Glück noch eine Woche Fristverlängerung bekommen. Das war tatsächlich eine Nacht- und Nebelaktion. Viele haben mir damals den Rat gegeben, das Team erst zur Saison 2015 anzumelden. Aber ich wollte das Eisen schmieden, so lange es heiß war. Wer garantierte mir, dass die Sponsoren auch noch im Jahr darauf zur Verfügung stünden und das Team unterstützen würden? Den Sponsoren habe ich es dann auch so erklärt, dass 2014 ein Lehrjahr sein würde, ehe wir dann ab 2015 das Ziel haben würden, zum besten deutschen Kontinental-Team zu werden. Das war für die Geldgeber nachvollziehbar.

Wie lief die Sponsorensuche - vor allem mit dem wichtigen Radsponsor? Monreal: Mit Kuota konnten wir den Radsponsor von Quantec – Indeland mitnehmen und sind dann auch die ersten drei Jahre Kuota gefahren. Dafür bin ich dankbar. Dazu hatten wir auch einen guten Support mit Shimano-Komponenten. Insgesamt hatte ich einen guten Pool an Sponsoren, vor allem mit lokalen Geldgebern, von denen ich eine positive Resonanz erhielt. Wir standen auf drei größeren Sponsorensäulen mit Lotto, Kuota und einem dritten Sponsor, der aber schon im ersten Jahr seinen Zahlungen nicht mehr nachgekommen ist. Da haben viele schon gedacht, dass das unser Grabstein sein würde. Aber wir haben uns da durchgekämpft und uns dann zum Jahresende auch von dem dritten Sponsor getrennt.

Am Anfang bestand das Team ja praktisch nur aus Fahrern aus Rheinland-Pfalz  und derunmittelbaren Umgebung. Wurde das von den Sponsoren vorgegeben oder sollte das die “Team-ID“ sein?
Monreal: Wir wollten ein Team aus der Region für die Region sein. Das war mir sehr wichtig. In meiner Zeit als Nachwuchsfahrer gab es etwa das Team Optik Delker als vergleichbare Mannschaft. Ich selbst habe als Radfahrer viel erlebt, habe viel von der Welt gesehen. Das wollte ich für die jungen Fahrer weiter ermöglichen, vor allem für solche aus der Region. Ein Grund war aber auch letztlich ein ganz pragmatischer. Wir waren mit dem Team sehr spät dran, alle guten Fahrer hatten schon woanders Verträge, so auch Max Walscheid, der den gleichen Trainer wie ich hatte und den ich damals schon gut kannte. Entsprechend habe ich in seinem näheren Umfeld noch rumgefragt, wer denn noch ein Team suche.

Wie sind Sie konkret bei der Fahrersuche vorgegangen - wie gewinnt man Leute für ein noch nicht existierendes Team?
Monreal: Teilweise habe ich Fahrer von Quantec – Indeland mit übernommen. Zum anderen aber waren wir im ersten Jahr – das muss man sagen – ein ziemlich zusammengewürfelter Haufen. Es ging damals überhaupt nicht nach Wunschfahrern. Generell ist es dann aber wichtig, das eigene Netzwerk zu nutzen, denn ein Fahrer kannte immer noch einen anderen Fahrer, der für die Saison 2014 noch was suchte.

Welche Formalitäten mussten erfüllt werden, um auch eine Kontinental-Lizenz zu bekommen?
Monreal: Da gab es schon einiges zu. Zunächst einmal gibt es eine Voranmeldung, bei dem ich den Projektnamen Team RLP angegeben habe. Für die tatsächliche Anmeldung musste man die Anmeldegebühr zahlen, eine Bankbürgschaft vorlegen, dazu auch Budgetpläne, eine Liste der Fahrer und Sportlichen Leiter samt persönlicher Daten. Es war ein ganzer Wust an Daten, ein ganzer Aktenordner voll. Man musste natürlich auch eine Firma anmelden, man brauchte ein Geschäftskonto, über das die ganzen Zahlungen liefen. Zum Glück hat aber bei uns damals alles gepasst.

Erhielten Sie beim Anmeldeverfahren Hilfestellungen?
Monreal: Zunächst einmal muss ich sagen, dass es beim BDR eine nette Frau gibt, die einen bei der Anmeldung sehr gut unterstützt. Bis voriges Jahr lief die Anmeldung über ein Excel-Formular. Das lief sehr gut. Seit 2019 hat die UCI (Radsportweltverband) eine Online-Plattform eingeführt, die noch etwas wackelig ist. Daten aus dem Vorjahr etwa werden nicht automatisch übernommen. Das macht es etwas umständlich.

Wie teuer kam Sie das Anmeldeverfahren?
Monreal: Bei der ersten Anmeldung 2014 musste ich etwa 6000 Euro an Anmeldegebühr an den BDR und die UCI zahlen, heute sind es knapp 9000 Euro. Dazu kommen auch noch Lizenzgebühren und Versicherungen für Fahrer und Sportliche Leiter, das sind insgesamt nochmal knapp 10000 Euro. Das sind die Kosten, die man fix hat, um überhaupt den Status Kontinental-Team zu bekommen. Im Januar schaut man dann täglich auf die UCI-Seite, wo die Teams aufgelistet werden. Wenn man dort steht, dann weiß man, man hat es geschafft. Als ich uns dort das erste Mal sah, hat mich das schon mit Stolz erfüllt. Genau so wie der Moment, in dem ich das erste Teamtrikot in Händen hielt.

Abgesehen von Fahrerverpflichtungen und Renneinladungen. Was waren die Hauptaufgaben, die Sie damals zu erledigen hatten?
Monreal: Wir brauchten Autos, einen Bus für das Material, Dachträger, Kühlboxen, ganz viele Kleinigkeiten. Auch im siebten Jahr unseres Bestehens sind wir da noch nicht am Ende der Entwicklungsmöglichkeiten angekommen. Bei der Suche nach Partnern hatten wir relativ viel Glück. Mein damaliges Fitnessstudio hatte einen guten Kontakt zu Powerbar, beim Trainieren traf ich dort auf den Vertreter und daraus entstand ein bis 2018 währender Vertrag. Mit dem TWKZ (Trainingswissenschaftliches Zentrum) in Koblenz hatten wir zudem früh einen guten Partner für Leistungsdiagnostik gewonnen und konnten in den Zeitfahren auf den Bioracer Speedsuit Anzug setzen.

 Teil 2 folgt am Donnerstag

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