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Marcel Kittel im Interview: "Der Radsport wurde genug bestraft"


Kittel: "Der Radsport wurde genug bestraft"

Von t-online
27.06.2014Lesedauer: 4 Min.
Vom Nobody zum Shooting-Star: Vier Etappen konnte Marcel Kittel im vergangenen Jahr bei der Tour de France gewinnen.Vergrößern des BildesVom Nobody zum Shooting-Star: Vier Etappen konnte Marcel Kittel im vergangenen Jahr bei der Tour de France gewinnen. (Quelle: GEPA Pictures/imago-images-bilder)
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Das Interview führte Björn Lücker

Vier Etappen konnte Sprintass Marcel Kittel im vergangenen Jahr bei der Tour de France gewinnen und avancierte vom Nobody zum Shooting-Star. Nun reist der 26-Jährige, der in dieser Saison schon acht Rennsiege feiern konnte, als einer der Topfavoriten im Kampf um Tageserfolge und das Grüne Trikot zum härtesten Radrennen der Welt vom 5. bis 27. Juli. "Selbst Mark Cavendish achtet nun genau darauf , was ich mache", sagt Kittel im Interview mit t-online.de.

Kittel ist aber nicht nur pfeilschnell, sondern sieht sich auch als Vorreiter einer neuen Radsportler-Generation, die immer wieder betont, dass Spitzenleistungen auch ohne Doping möglich sind. Er kritisiert die öffentlich-rechtlichen TV-Sender und klagt darüber, dass die Frankreich-Rundfahrt wegen der dunklen Doping-Vergangenheit weiterhin nur im Spartenkanal zu sehen ist. "Langsam ist es an der Zeit, dass wir auch etwas zurückbekommen. Der Radsport wurde genug bestraft. Wir brauchen ein neues Vertrauen der Fans und der Medien."

t-online.de: Herr Kittel: Was denken Sie, wie fühlen Sie sich am 5. Juli gegen 17 Uhr?

Kittel (lacht): Ich bin sicher total im Eimer! Aber Spaß beiseite: Klar träume ich wie im Vorjahr von einem Sieg zum Tour-Auftakt. Aber die erste Etappe ist schwerer, als sie auf dem Papier aussieht. Ich hoffe, dass nicht so hart gefahren wird. Dann habe ich eine gute Chance.

Im vergangenen Jahr haben Sie vier Etappen gewonnen, darunter im Finale in Paris. Erzählen Sie doch Mal, was danach in Ihnen vorging.

Ich war überwältigt. An vier Etappensiege hätte ich nicht im Traum gedacht. Manchmal musste ich mich kneifen, um zu realisieren, was da passiert war. Mein Leben hat sich aber nicht grundlegend verändert, auch wenn ich jetzt deutlich stärker im Fokus stehe. Selbst ein Mark Cavendish achtet nun in den Rennen genau darauf, was ich mache.

Vom Nobody zum Sprintfavoriten sozusagen. Wie kommen Sie mit dem Druck klar?

Ich mache mich da nicht verrückt. Ich bin auch kein Typ, der über alles Mögliche nachgrübelt. Meine Devise lautet: 'Gib dein Bestes, mehr kannst du sowieso nicht machen'. Das erleichtert mir die Situation schon erheblich.

Dass Sie in den hektischen Sprintfinals cool bleiben und den Überblick behalten, haben Sie im letzten Jahr gezeigt.

Klar, die vier Etappensiege sind schon eine Hausnummer. Da gehört aber auch viel Glück dazu. Mich fragen die Leute derzeit immer: 'Und Marcel, wie viele Etappensiege werden es diesmal?' Doch darüber will ich gar nicht nachdenken. Ich bin bei der Tour de France. Schon ein Etappensieg wäre für mich ein Erfolg.

Mit John Degenkolb haben Sie einen starken Konkurrenten für die Sprints im eigenen Team. Ist da nicht ein Konflikt vorprogrammiert?

Nein, überhaupt nicht. Gut ist, dass wir uns - obwohl wir beide Sprinter sind - als Rennfahrer unterscheiden. Bei den härteren Rennen fahre ich für John, bei den leichteren er für mich. So können wir uns die Etappen aufteilen. Zudem verstehen wir uns auch privat ganz gut. Wir ziehen an einem Strang.

Auch in der Dopingproblematik ziehen Sie mit Degenkolb und anderen jungen deutschen Fahrern an einem Strang. Sie betonen immer wieder, dass Sie für andere Ideale und Wertevorstellungen - kurzum, eine neue Generation stehen. Nun gibt es, abgesehen vom Giro-Etappensieger Diego Ulissi, seit langem keinen prominenten Dopingfall mehr. Fühlen Sie sich in gewisser Weise bestätigt?

Insofern schon, dass der heutige Radsport nicht mehr mit der Zeit von Jan Ullrich oder Erik Zabel, die ganz schlimm war und in der Doping zur Tagesordnung gehörte, vergleichbar ist. Damals wurde viel Mist gebaut. Ich bin fest davon überzeugt, dass die meisten Fahrer meiner Generation begriffen haben, dass unser Sport nur zu retten ist, wenn er aus den Negativschlagzeilen herauskommt und er auch sauber auf höchstem Niveau möglich ist.

Sie persönlich gehen noch einen Schritt weiter und fordern sogar eine Gefängnisstrafe für Dopingsünder. Wie kommen denn Ihre klaren Worte im Fahrerfeld an?

Ganz ehrlich: Ich habe noch keine Kritik gehört. Und mir hat auch noch nie ein Kollege erklärt: 'Das ist totaler Mist, den du da erzählst.' Im Gegenteil: Einige Fahrer, die sich vielleicht nicht so in die Öffentlichkeit trauen, kommen zu mir und erklären: 'Genauso hätte ich das auch gesagt.' Das zeigt mir, dass die meisten Fahrer die neuen Ideale auch leben und wissen: Es gibt nur den einen Weg.

Der Generalverdacht ist aber noch immer da.

Was ich sehr schade finde. Natürlich wird der Radsport nie dopingfrei sein, dafür würde ich auch nie meine Hand ins Feuer legen. Aber vor allem wir deutsche Fahrer haben wirklich alles getan, um zu zeigen, dass wir anders sein wollen und andere Ideen haben. Es an der Zeit, dass wir etwas zurückbekommen. Der Radsport braucht ein neues Vertrauen der Fans und der Medien.

Die Medien, vor allem die öffentlich-rechtlichen TV-Anstalten, halten sich aber weiter zurück. Die Tour de France, eines der größten Sport-Spektakel der Welt, findet weiter im Spartenkanal statt.

Sicher war es richtig, nach unserer dunklen Vergangenheit einen Schnitt zu machen. Aber schauen sie doch alleine auf die Tour de France 2013: Da haben die deutschen Fahrer sechs Etappensiege geholt. Das ist schwer zu toppen. Ich weiß wirklich nicht, was wir noch besser machen können. Der Radsport wurde medial genug bestraft. Jetzt haben wir eine zweite Chance verdient.

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